Mittwoch, 30.01.2019

Meilenstein in der Therapie des Schlaganfalls

Ab sofort können Schlaganfallpatienten bei uns mit der mechanischen Thrombektomie behandelt werden.

Modernste interdisziplinäre Kooperation für die Patienten leisten: Chefarzt Dr. Wolfgang Kusch (l.), OA Sebastian Edelbusch (2.v. l.) und Ltd. OA Dr. Michael Ohms (r.) von der Klinik für Neurologie sowie der Chefarzt des Instituts für Radiologie Priv.-Doz. Dr. Thomas Allkemper (3. v. l.) und Julio Antonio Viera Ibarra, Leiter der Sektion Neuroradiologie.

Schlaganfall – dieses blitzartige Ereignis im Gehirn ist jedem ein Begriff, seine teils gravierenden Folgen sind gefürchtet. Dass man schon beim ersten Verdacht den Notruf wählt, weil jede Sekunde Zeit Gehirnzellen rettet, gehört schon fast zum Grundwissen in der Bürgerschaft. Besonders auch für Fachleute mag indes ein weiteres Wissen von großem Interesse sein: Im Herz-Jesu-Krankenhaus (HJK) steht ab sofort die sogenannte „mechanische Thrombektomie“ als weitere hochmoderne Behandlungsmöglichkeit rund um die Uhr zur Verfügung. Dieses Verfahren ergänzt die Versorgung des akuten Schlaganfalls, die bereits seit mehr als einem Jahrzehnt im HJK in einer zertifizierten Spezialeinheit („Stroke Unit“) auf höchstem Niveau erfolgt.

Bis Mitte der 1990er Jahre hatten die Mediziner nur wenige Möglichkeiten, um einen Schlaganfall
effektiv zu behandeln, erläutert Dr. Wolfgang Kusch, Chefarzt der Klinik für Neurologie. Damals hieß neben bestmöglichem Management von Blutdruck und Komplikationen die Devise: Abwarten und hoffen, dass sich das Gerinnsel von selbst auflöst. „Das war vom Zufall abhängig und daher quasi eine Art Glücksspiel“, sagt Priv.-Doz. Dr. Thomas Allkemper, seit 1. Oktober 2018 neuer Chefarzt des Instituts für Radiologie im HJK. Erst seit Etablierung der medikamentösen Lysetherapie steht standardmäßig ein Verfahren zur Verfügung, mit dem sich verstopfte Gefäße wieder öffnen lassen.

Aber auch diese Therapie hat Einschränkungen: Zum einen ist die Zeit relativ begrenzt, in der die Erfolge der Therapie potenzielle Nebenwirkungen überwiegen. Zum anderen kann je nach Größe oder Länge des Gerinnsels ein Verschluss bestehen bleiben.

In letzter Zeit hat eine neue Behandlungsmethode daher ihren Siegeszug begonnen: die mechanische Thrombektomie, eine Art Operation, bei der Neuroradiologen unter Röntgenkontrolle einen dünnen Mikrokatheter über die Leistenarterie bis zum verstopften Gefäß vorschieben. Dann wird das Gerinnsel herausgezogen oder herausgesaugt. Mehrere hochrangige Studien haben die Wirksamkeit der mechanischen Thrombektomie nachgewiesen. „Wir freuen uns sehr, dass wir dieses Verfahren jetzt auch im Herz-Jesu-Krankenhaus anbieten können“, sagt Geschäftsführer Berthold Mathias. Das Hiltruper Krankenhaus ist damit neben dem Uniklinikum erst die zweite Klinik in Münster, in der diese Therapie möglich ist – und das 24 Stunden am Tag und 365 Tage im Jahr. „Die mechanische
Thrombektomie kommt vor allem Patienten zugute, die einen schweren Schlaganfall erleiden. Wir können Betroffenen unmittelbar helfen und ihnen möglicherweise ein schweres Schicksal in Form von lebenslangen Beeinträchtigungen und Pflegebedürftigkeit ersparen“, freut sich Julio Antonio Viera Ibarra, der seit Mai 2016 die Sektion Neuroradiologie im Herz-Jesu-Krankenhaus leitet. Von einer
Thrombektomie können Patienten in der Regel bis zu sechs, in speziellen Einzelfällen auch bis zu 24 Stunden nach dem Schlaganfall profitieren. „Die Forschung auf diesem Gebiet ist noch lange nicht abgeschlossen“, stellt Allkemper fest.